Neueste Meldungen des Arbeitskreises Deutsch als Wissenschaftssprache:


Wissenskommunikation und Landessprache
O. Rösch, G.-U. Tolkiehn und T. Brunotte (Die Neue Hochschule 1, 2024, S. 28-31)

 

Der Artikel in der Zeitschrift Die Neue Hochschule, dem Organ des Hochschullehrerbundes (hlb), gibt eine prägnante Zusammenfassung der Tagung, die der ADAWIS zusammen mit der Hanns-Seidel-Stiftung im Oktober 2023 auf Kloster Banz ausrichtete (s. unten). Parallel dazu wird die Entstehungsgeschichte des hlb-Positionspapiers „Die Bedeutung der Landessprache in der Lehre“ vom Dezember 2023 erklärt. Die Autoren fassen die wichtigsten Argumente gegen eine ausschließlich englischsprachige Hochschullehre zusammen und geben differenzierte Handlungsempfehlungen. Hier finden Sie eine frei zugängliche Version des Artikels.


Neues Positionspapier des Hochschullehrerbundes (hlb): Ein klares Bekenntnis zur Landessprache in der Lehre

 

Der Hochschullehrerbund (hlb) hat am 15. 12. 2023 ein richtungsweisendes Positionspapier veröffentlicht. Darin weist er auf die entscheidende Bedeutung hin, die der Landessprache in der Lehre zukommt - gerade vor dem Hintergrund gegenwärtiger Internationalisierungs-Bestrebungen und der Schwierigkeiten von Absolventen englischsprachiger Studiengänge, sich in unsere Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies sollte ein Weckruf auch für andere Wissenschaftsinstitutionen sein. Lesen Sie hier das Positionspapier "Die Bedeutung der Landessprache in der Lehre".


Wissenskommunikation und Landessprache - Die gesamtgesellschaftliche Verantwortung von Forschung und Lehre
Gemeinsame Tagung des ADAWIS und der Hanns-Seidel-Stiftung, Bildungszentrum Kloster Banz, 22. - 24. Oktober 2023

 
In den Diskussionen über Wissenschaftskommunikation wurde bislang kaum berücksichtigt, welche Rolle dabei der Sprachenwahl zukommt. Während der binnenwissenschaftliche Austausch in vielen Disziplinen nur noch auf Englisch stattfindet, ist die Kommunikation mit der Öffentlichkeit stets auf die Landessprache angewiesen. Die Tagung thematisierte dieses Spannungsfeld und nahm insbesondere die akademische Lehre in den Blick, wo eben jene Akteure ausgebildet werden, die in der Zukunft wissenschaftliche Expertise und gesamtgesellschaftliche Fragen zusammenführen sollen.
 
Hier finden Sie das Programm und hier einen Bericht über die Tagung.

Der Dr.-Walther-Liebehenz-Stiftung danken wir für ihre Unterstützung.


Mehrsprachigkeit – Neue Entwicklungen in Kroatien

 

Am 16.3.2023 wurde an der Universität Zagreb in Kooperation mit der Universität Regensburg das interdisziplinäre Zentrum für Deutschland- und Europastudien mit einem regionalen Schwerpunkt Südosteuropa gegründet. Eines der Arbeitsziele des Zentrums ist die Förderung der Mehrsprachigkeit in der schulischen und akademischen Bildung mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Förderung von Deutsch als Bildungs- und Wissenschaftssprache in Südosteuropa.

Ein besonders wichtiges Ereignis für die Absicherung der Mehrsprachigkeit und von Deutsch als Schulfremdsprache im kroatischen Bildungssystem ist die geplante Einführung einer zweiten obligatorischen Fremdsprache ab Klasse 4 der achtjährigen kroatischen Pflichtschule (erste Fremdsprache obligatorisch ab Klasse 1) im Rahmen der Schulreform „Ganztagsschule“ ab Schuljahr 2023/24. Bislang war die zweite Fremdsprache fakultativ und konnte durch ein anderes Wahlfach ersetzt werden. Diese Regelung führte dazu, dass ein ständig größer werdender Teil die Pflichtschule mit nur einer Fremdsprache, in der Regel Englisch, verließ.


Tagung an der Universität Neapel zur sozialen Verpflichtung der Wissenschaftssprache

 

Das Deutsche und die soziale Verpflichtung der Wissenschaftssprache / Il tedesco e il vincolo di socializzazione della conoscenza delle lingue scientifiche: So lautete der Titel einer am 27. und 28. Oktober 2022 an der Universität Neapel Federico II veranstalteten Tagung, die in Zusammenarbeit mit ADAWIS, DAAD, ADIT (Alumni DAAD Italien), Universität Chieti-Pescara „Gabriele D’Annunzio“ und Goethe-Institut Neapel organisiert wurde. Dabei wurde insbesondere das Thema der Verpflichtung der Wissenschaftssprache hinsichtlich der Vermittlung von Erkenntnis bzw. (sprachwissenschaftlich treffender gesagt) der sprachlichen Re-Konstituierung von Erkenntnis in den Vordergrund gerückt. Worin eine solche Verpflichtung heute insbesondere besteht, lässt sich aus einer Betrachtung der konkreten geschichtlich-sprachlichen Situation deutlich bestimmen: Ganze Forschungs- und Fachkommunikationsbereiche benutzen vornehmlich oder ausschließlich das Englische. Auf Englisch wird eine unüberschaubare Menge an neuen wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen ursprünglich formuliert oder wenigstens vermittelt. Die Beiträge, die im Rahmen der Tagung präsentiert und diskutiert wurden, zeigten, dass jenseits der sonst üblicherweise hervorgehobenen politischen, gesellschaftlichen und auch ethisch-philosophischen Aspekte die „soziale Verpflichtung“ des Deutschen – sowie aller anderen Wissenschaftssprachen – auch eine entscheidende sprachliche Dimension aufweist, die nicht so sehr in der Überführung, sondern eher in der Umsetzung der Erkenntnisse in eine andere Sprache, in unterschiedliche funktionale Kommunikationsbereiche und in unterschiedliche Textsorten besteht. Konsequenterweise gehört zur „sozialen Verpflichtung“ einer Wissenschaftssprache auch, dass sie sich als Kultursprache eher aufgrund der ununterbrochenen Aktualität ihres Ausbauprozesses als aufgrund ihrer Tradition definieren lässt.

Programm der Tagung


Das bayerische Hochschulinnovationsgesetz: „English only“ auch im grundständigen Studium möglich!

 

Bereits seit 2019 wird in Bayern über das neue Hochschulinnovationsgesetz diskutiert. Die Novelle sieht vor, dass die bisherige Regelung, wonach ein rein englischsprachiger Studiengang im grundständigen Bereich nur genehmigt werden kann, wenn er parallel auch in deutscher Sprache angeboten wird, nicht mehr gilt. Gleich nach Bekanntwerden dieser Pläne fragte der ADAWIS alle bayerischen Hochschulleitungen, ob sie von der Möglichkeit Gebrauch machen werden, deutschsprachige grundständige Lehrangebote abzuschaffen. Interessanterweise waren es gerade die Fachhochschulen und unter diesen wiederum die kleineren und an peripheren Standorten angesiedelten, welche dies entschieden befürworteten. Informationen zu der verfassungsrechtlichen Problematik von Studiengängen, die nicht mehr in der Landessprache studiert werden können, finden Sie hier.

Neben der Möglichkeit, auf deutschsprachige Lehrangebote gänzlich zu verzichten, schreibt die Novelle vor, dass die von den Bewerbern geforderte Englischkompetenz in rein englischsprachigen Studiengängen das Niveau B1+ nicht überschreiten darf. Es fragt sich, wie ein akademisches Studium ohne eine deutliche Absenkung des inhaltlichen Niveaus unter dieser Voraussetzung gelingen soll.

Schon am 17. 6. 2020 forderte der Landtag die bayerische Staatsregierung laut Landtagsdrucksache 18/8462 dazu auf, mit der Novelle des Hochschulgesetzes dafür zu sorgen, dass Deutsch als Wissenschafts- und Verkehrssprache in allen Studiengängen weiterhin (oder erneut) gebührend und verpflichtend Beachtung findet. Die entsprechende Beschlussvorlage vom 22. 4. 2020 hatte der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst des bayerischen Landtages mit den Stimmen von CSU, SPD, B90/Grünen und der Freien Wähler, jedoch gegen die der AfD, in den Landtag eingebracht; die FDP hatte sich im Ausschuss enthalten.

Gegen den Gesetzentwurf formierte sich erheblicher Protest von Seiten zahlreicher Verbände. Dieser richtete sich v.a. gegen die neu vorgesehenen Organisationsstrukturen. (Da war u.a. von einem „neuen Führerprinzip“ die Rede.) Was die Sprachenpolitik in der Lehre betrifft, meldete sich der ADAWIS mit dieser Stellungnahme zu Wort. Eine ganz ähnliche Einschätzung gaben die Sprachenzentren der bayerischen Hochschulen ab.

Nach zahlreichen Verbändeanhörungen, Diskussionen im Wissenschaftsausschuss, Erklärungsversuchen des damaligen Wissenschaftsministers Bernd Sibler und schließlich dessen Ablösung durch Markus Blume wurde der Entwurf komplett überarbeitet. Hinsichtlich der Sprachenpolitik hat sich gegenüber dem vorangegangenen Entwurf jedoch leider absolut nichts verändert. Kurz vor der Sommerpause passierte der Entwurf dann im Juli 2022 den Landtag. Allerdings brachte die CSU einen Änderungsantrag ein, der von den Hochschulen nicht nur die Vermittlung von "Grundkenntnissen" der deutschen Sprache einforderte, sondern auch von fachsprachlicher Kompetenz. Anders wäre die Integration der späteren Absolventen in unseren Arbeitsmarkt wohl kaum zu gewährleisten. Ob die daraufhin in das Gesetz aufgenommene Formulierung "hinreichende" Kenntnisse die Hochschulen strenger in die Pflicht nimmt, ist fraglich.


Gemeinsames Papier des ADAWIS und des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

 

Im Juni 2021 erarbeiteten der ADAWIS sowie Mitglieder des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung aus allen Bundestagsparteien (außer der AfD) und auf Anregung des damaligen Ausschussvorsitzenden Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) das Diskussionspapier „Überlegungen zu einer Sprachenpolitik in den Wissenschaften“. Es handelt sich um ein umfassendes Paket von Analysen, aber auch von konkreten Vorschlägen zur Umsetzung von Mehrsprachigkeit in den Wissenschaften. Die beteiligten Abgeordneten werteten das Ergebnis als „wertvolle Anregung, die in die richtige Richtung weise".


Das ist nicht exzellent, das ist ignorant!
Blog-Beitrag des ADAWIS

 

Ein Blog-Beitrag des ADAWIS auf der Seite des bekannten Wissenschaftsjournalisten und -kommunikators Jan-Martin Wiarda zu „English only" an der in Gründung befindlichen Technischen Universität Nürnberg und zu der geplanten Novelle des bayerischen Hochschulgesetzes, die rein englischsprachige Studiengänge im grundständigen Bereich ohne deutschsprachiges Pendant ermöglichen soll, hat eine breite Diskussion ausgelöst.

Lesen Sie hier den Beitrag und zahlreiche scharfsinnige Kommentare!


Positionspapier des Wissenschaftsrates zur Wissenschaftskommunikation - Stellungnahme des ADAWIS

 

In seinem Positionspapier "Impulse aus der COVID-19-Krise für die Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland" benennt der Wissenschaftsrat u.a. die in der Krise hervorgetretenen Herausforderungen, die die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit betreffen. Wenn das Papier völlig zu Recht fordert, dass Wissenschaftskommunikation in die Ausbildung unserer Akademiker integriert werden muss, wäre daraus zu folgern, dass auch die Landessprache in der Lehre eine Rolle spielen muss.

Lesen Sie hierzu die ausführliche Stellungnahme des ADAWIS.